Aachen 18. XII.

Lieber Herr College!

Ich bekam heute einen ganz verzweifelten Brief von Hn. K. Strehl, mit dem ich wegen eines Encyklopädie-Artikels in Verbindung stehe. Man scheint ihn in Erlangen schlecht zu behandeln. Er bemerkt, daß er seine Habilitationsarbeit an Sie geschickt hat. Ich weiss nicht, ob Sie etwas für ihn tun können und wollen. Vielleicht ist es Ihnen aber lieb zu hören, dass Herr Strehl bei den Optikern als hervorragend tüchtig gilt; so bei Finsterwalder, der ihn für die Encykl. empfohlen hat u. bei Schuppmann, deßen Urteil in optischen Fragen sicher auch sehr in's Gewicht fällt. Wenn Sie also für Strehl ein gutes Wort /2/ einlegen können, so thun Sie sicher ein gutes Werk und fördern eine intelligente Kraft, die unter unglücklichen persönlichen Verhältnißen verkümmert. Offenbar ist es nicht leicht, mit Herrn Strehl auszukommen, Sein Seelenzustand scheint etwas labil zu sein. Vielleicht will er sich in Würzburg habilitieren - was er aber nicht geschrieben hat. Da er gleichzeitig als Gymnasiallehrer Geld verdienen muß, so müsste er sich zu dem Zwecke erst als Lehrer dahin versetzen laßen.

Entschuldigen Sie diese spontane Meinungsäusserung. Sie hat keinen anderen Zweck, als Hn. Strehl Ihrem Wohlwollen zu empfehlen, das er sicher verdient.

Mit besten Grüßen Ihr ganz ergebener
A. Sommerfeld.