München 16. I. 10.

Lieber Wien!

Herr Silberstein legte grossen Wert darauf, sein Ms. via München nach Würzburg zu schicken. Ich habe die Arbeit gelesen und halte sie für richtig. Neu ist natürlich nur die Methode. Ob Sie sie haben wollen, wollen Sie selbst entscheiden; ich brauche natürlich keine Benachrichtigung.

Der Relativtheorie ist ein klaßischer Zeuge entstanden: Michelson hat erklärt "ehe ich das Zeug glaube, glaube ich lieber, dass ich falsch beobachtet habe!"

Fricke fragt mich wegen Harms als Nachfolger Zennecks an, der /2/ sich doch für die Salpetersäure hat einfangen laßen. Ich habe Harms natürlich gehörig herausgestrichen. Also werden Sie wohl bald einen neuen ersten Assistenten suchen müßen.

Meine Erwiderung auf Stark ist geschrieben, aber leider nicht so kurz, wie Ihre damalige; er hat mir die Erwiderung nicht schwer gemacht.

Bezüglich des starren Körpers in der Relativtheorie erinnern Sie an die Erddrehung. Nöther und ich meinen dazu Folgendes: Ein auf der Erdoberfläche aufgestellter Michelson'scher Versuch zeigt die Umfangsgeschw.[indigkeit] der Erde an dieser Stelle durch /3/ Contraktion an. Der Erdkörper werde als starr angenommen. Dann können wir zwei negative Behauptungen von ihm aufstellen: 1) der Erdkörper kontrahirt sich an der betr. Stelle, von einem nicht mitrotirenden System aus gesehen, anders wie der Arm, der den Michelson'schen Spiegel trägt. 2) Der Erdkörper //bleibt// hat, dem mitrotirenden Beobachter gegenüber, nicht seine Ruhgestalt (die Gestalt die ohne Rotation da wäre). Die entspr. positiven Behauptungen stellte Born auf.

Wie er sich nun wirklich verhält (als starrer Körper) und wie sich weiterhin ein elastischer Körper /4/ verhält, ist uns noch nicht klar.

Beste Grüße von
Ihrem A. Sommerfeld.