Würzburg, den 15/6/08

Lieber Sommerfeld!

Ich habe die Correkturen zurückempfangen und Ihre Aenderungsvorschläge im wesentlichen angenommen. Ich schicke sie nun nach Leipzig und lese dann noch eine Revision. Dann wird wohl alles ziemlich in Ordnung sein obwohl erfahrungsgemäß immer noch kleine Druckfehler übersehen zu werden pflegen. Wollen Sie die Revision auch noch haben? Jedenfalls danke ich Ihnen für Ihre Mühewaltung.

Lorentz hat seinen Irrtum in Bezug auf die Strahlungstheorie eingesehen und daß die Annahme von Jeans unhaltbar ist. Nun liegt allerdings der Fall insofern nicht ganz einfach, als in der That es so scheint als ob die Maxwellsche Theorie für die Atome verlassen werden müßte. Ich habe Ihnen daher wieder ein Problem zu stellen. Nämlich zu prüfen /2/ wie weit die statistische Mechanik und der Beweis von Lorentz fest begründet ist, daß ein den Maxwellschen Gleichungen (beziehentlich denen der Elektronentheorie) gehorchendes System auch dem Satz der "equipartition of energy" gehorchen muß, woraus eben das Jeanssche Gesetz zu folgern wäre. Nämlich eine Beschränkung der Freiheitsgrade, wie sie das Plancksche Energieelement verlangt, müßte doch auch eine elektromagnetische Deutung verlangen. Nun sieht es mir fast so aus, als ob eine solche unmöglich wäre, als ob eben diese Beschränkung Zusatzkräfte erfordere (feste Verbindungen und dergleichen) die nicht ins Maxwellsche System passen. Wenn das wirklich so liegt, so brauchte man sich nicht weiter den Kopf über eine Deutung des Energieelements und eine Darstellung der Spektralserien auf elektromagnetischer /3/ Grundlage zu zerbrechen sondern müßte eine Ergänzung der Maxwellschen Gleichungen innerhalb der Atome zu finden suchen.

Mir ist die ganze statistische Mechanik nicht so geläufig, daß ich mir sicheres Urtheil über den Grad ihrer Zuverlässigkeit bilden könnte.

Ich habe Laub empfohlen die Lorentzsche Transformation auf die Dispersionstheorie anzuwenden. Die Theorie des Mitführungskoeffizienten ist nämlich nicht streng da sie nur den Begriff der dielektr. Constanten nicht aber den der Dispersion benutzt. Natürlich muß auch die quasielastische Kraft der Relativität angepaßt werden.

Mit besten Grüßen
Ihr Wien