nach 8. I. 1916, vor 19. II. 1916
Lieber Sommerfeld!
Nun muß ich beinahe Freundlich Ihnen gegenüber in Schutz nehmen. Wenn er auch auf einer Sternwarte nicht recht taugt, so meint er es doch sicher gut und ehrlich und ich würde ihm durchaus ein Drankommen an einer Universität wünschen. Leute mit Enthusiasmus sind ja auch was wert. In Babelsberg und Potsdam ist, von seiner mangelnden Praxis abgesehen nun auch schon deswegen kein Platz mehr für ihn, weil durch das bösartige Gerede der [Relativitäter?], das er heraufbeschworen hat, die persönlichen Beziehungen gestört sind. Ich habe in diesem Sinne auch Einstein geschrieben.
/2/ Die Sache mit Jupiter geht die nächsten Jahre nicht, weil Jupiter für uns zu tief steht. Ich wundere mich, wie verhältnismäßig gleichgültig mir die ungewisse Bestätigung der allgemeinen Relativität ist. Ich bin schon zufrieden mit einem so schönen Gedankengebäude, um darin spazieren zu gehen. Ich habe jetzt auch die strenge Lösung von Einsteins Gleichungen für die flüssige inkompressible Vollkugel ausgerechnet mit dem amüsanten Resultat, daß im Inneren der Kugel Riemmann's elliptische Geometrie herrscht.
Das Problem der Spektrallinien ist doch noch wichtiger als das der Relativität. Also wenn ich Sie recht verstehe, sind beide aufs engste verknüpft, in dem Sie aus der Perihelbewegung bei Relativität die richtige Dupplettierung herausbringen. Leider bin ich auf meiner Robinsoninsel /3/ nicht im Stande mit meinen Erinnerungsbruchstücken weiter zu kommen. Ich warte brennend auf Ihre Publikation. Besonders schön ist es, daß Sie trotz aller Kriegsnervosität etwas so schönes fertig gebracht haben!
Hier draußen hoffen wir bald der Entscheidung wieder ein Stück näher zu rücken.
Emden schweigt sich aus.
Viele herzliche Grüße Ihr
K. Schwarzschild