21. III. 16

Lieber Sommerfeld!

Mit den eindeutigen Winkeln und kanonischen Variabeln in Ihren Fußstapfen weiter wandernd habe ich den Starkeffekt ohne jede Schwierigkeit und völlig eindeutig erledigen können.

Resultat: \begin{displaymath} \Delta \nu = \frac{3}{4} \frac{F}{e m_0} \frac{h}{4 \pi^2}\left[\left(n_1^2 - n_2^2\right) - \left(n_3^2 - n_4^2\right)\right] \end{displaymath} F äußeres elektrisches Feld. Für die Balmerserie: $n_1 + n_2 = 2, \quad n_3 + n_4 = 3, 4, 5, \cdots$

Für Starks 104000 Volt folgt in A.[ngström] E.[inheiten] [Tabelle] Der Vergleich mit Stark stellt sich höchst sonderbar.

Für H$_{\beta}$ [Tabelle] Also eine ganz unwahrscheinliche Übereinstimmung.

Für die anderen Linien giebt Stark für p- und s-Komponenten lauter verschiedene Wellenlängen. Es ist sonderbar, daß sie gerade für H$_{\beta}$ alle gleich sind. Für die anderen Linien stimmt nichts mehr. Die theoretische Maximalverschiebung wird für H$_{\alpha}$, H$_{\gamma}$, H$_{\delta}$ \quad 19.8, 19.6, 29.2A.E. Stark findet für die gleichen Componenten 11,5 /3/ 23.9, 33.4AE.

Was soll man von diesem Gemisch von Übereinstimmung und Widerspruch halten?

In Bezug auf Zeemaneffekt stimmen wir überein. Ist es sicher, daß Wasserstoff diese Art der Aufspaltung nicht hat?

Daß man den Liouville'schen Satz allgemein auf jedes Paar von Coordinaten und Impuls anwenden könnte, kommt mir unwahrscheinlich vor. Sie wählen in Praxis immer solche Variable aus, wo es geht. Darunter gehören auch meine kanonischen Variablen.

Eine Bemerkung zur relativistischen Keplerbewegung: Da die untere Grenze von p nicht null, sondern $\frac{e E}{c}$ ist, so scheint mir, daß die ausgezeichneten Werte von p gleich $\frac{e E}{c} + \frac{h}{2 \pi} n \; (n = 1,2,3, \dots)$ zu setzen sind. Das ändert die Dupletts nicht, verdirbt aber die Balmer'sche Formel.

Ein Versuch zu den Bandenspektren: Elektronen umkreisen ein rotierendes Molekül vom Trägheitsmoment J. Energie der Elektronenbewegung A, der Rotation nach Planck $\frac{h^2}{8\pi^2 J} n^2 (n = 1,2,3..)$. Daraus nach Bohr die Frequenzserie: \begin{displaymath} \nu = \frac{A}{h} + \frac{h}{8 \pi^2 J} n^2 \end{displaymath}

Das ist Deslandres'-Formel. Für die N-Bande bei 3883 folgt $J = 4 \cdot 10^{-38}$, das ist ein wenig groß, aber nicht unmöglich. Also wieder giebt die Quantentheorie richtige Größenordnung.

Meine Hautgeschichte ist lästig und langwierig, aber ich kann wenigstens in Ruhe bei der Arbeit bleiben.

Viele Grüße Ihr
K. Schwarzschild