Steinbach Hallenberg 18. 10
i/Th.

Lieber Herr College!

Zu einem Besuch bei unsern Kindern in ihrer neuen Heimath habe ich die Correctur mitgenommen und [heut erledigt?], soweit mir dies nöthig erschien.

Ich bin auch in dem übersandten Theile mit recht Vielem nicht einverstanden und habe dies notirt, obgleich natürlich nach der Gesammtdisposition wenig sich wird ändern lassen.

Das Hauptübel scheint mir in der methodus mixta zu liegen: in einem durchaus unhistorischen Aufbau doch /2/ Autoren würdigen zu wollen. Gleich auf der 1. Seite tritt das hervor. Clausius ging von den idealen Gasen aus; hier sind sie ein Beispiel der allg. Theorie. Dabei wird natürlich die Stellung von Cl. unverständlich.

Weiter holt Br.[yan] aus den allgemeinen Gleichgewichtsbedingungen längst nicht alles heraus, was darin steckt, sondern leitet z.B. die Formel S. 28 (resp. 24) oben auf dem älteren Weg ab, so daß ihr Zusammenhang mit dem später immer benutzten Potential garnicht hervortritt. Aehnliches gilt an anderen Stellen.

Dergleichen läßt sich natürlich nicht /3/ mehr ändern, aber es beeinträchtigt jedenfalls den künstlerischen Werth und die Billigkeit der Darstellung.

Aendern ließen sich aber die nicht seltenen Leichtfertigkeiten und Unbestimmtheiten des Ausdruckes.-

Abschnitt IV habe ich nicht kritisch gelesen, da diese Probleme Ihnen wahrscheinlich näher liegen, wie mir.

Ich wünschte Ihnen mit meinen Notizen ein wenig genützt zu haben. Schade, daß sich nicht Planck für diesen Artikel hat gewinnen lassen; der hätte doch wohl Besseres gegeben, als Bryan. Und neben so feinen Artikeln, wie z.B. dem Voß'schen, wünschte man Ihnen /4/ auch für die Thermodynamik das Beste.-

Was mein Büchlein angeht, von dem meine Frau erzählt hat, so stellt sich dies die bescheidene Aufgabe, die alle Lehrbücher der Sammlung Schubert-Göschen characterisirt. Aber da wir keine umfassende deutsche Thermodynamik haben (bei Planck überwiegt die Thermochemie enorm) so hoffe ich doch etwas Nützliches gethan zu haben. Das 1. Bändchen ist im Druck.

Wenn Sie doch erst aus all' den Redactionsarbeiten heraus wären! Sie schulden uns Besseres!

Treulich
Ihr W. Voigt.