Göttingen, den 26. 3. 13.
Lieber Herr Kollege!
Eigentlich hatte ich erwartet, daß Sie Ihren "Zusatz", vielleicht mit Aenderung einiger Werte, zum Abdruck bringen würden. Jedenfalls hatte ich bereits in der definitiven Redaktion meiner neuen Arbeit die Bezugnahme auf die Ihrige auf einige kurze Bemerkungen reduziert. Die genaue Behandlung der D-Duplets hat ein mich völlig überraschendes Resultat ergeben und auch für die allgemeine Ausgestaltung der Koppelungstheorie wertvolle Anregung gegeben. Ich hoffe, dies Ihnen in G.[öttingen] bei der wohl /2/ stattfindenden "Festsitzung" der Physik. Gesellsch. vortragen zu können. Es gelingt, aus dem Verhalten der (nicht) getrennten D-Linien in der Tat das normale Triplet enger Duplets in starken Feldern abzuleiten.
In einem Punkt stimme ich noch garnicht mit Ihnen überein. Ich sehe an keiner Stelle eine Verbreiterung der Linien als Verbreiterung zum normalen Triplet erwiesen.
Bei dem O-Triplet, über das Beobachtungen vorliegen, ist noch keineswegs wahrscheinlich gemacht, daß die s-Komponenten überhaupt das normale Duplet liefern, und ein 'diffuser /3/ Wischer' brauchte auch keineswegs Verbreiterungen darzustellen. Sie müssen in Betracht ziehen, daß das O-Triplet zusammen auf jeder Seite 6 Außenkomponenten liefert. Wenn diese einander nahe rücken, und dabei (nach der Theorie) bei abnehmender Intensität doch ihre Breite beibehalten, so kann durch ihre Zusammenwirkung sehr wohl der Schein eines "diffusen Wisches" entstehen. Bei H$_\alpha$, wo wirklich das Triplet erwiesen ist (ich vermute, daß hier der D-Typ vorliegt!) ist von Verbreiterung nicht die Rede.-
Wenn ich irgendwo den Schein einer /4/ Empfindlichkeit gegen Sie verursacht habe, so kann ich das nur bedauern. Ich empfinde nichts als große Wertschätzung und Freundschaft gegen Sie. Auch kann ich Ihnen nur danken, daß Sie mir die Anregung gegeben haben, mich nochmals (nach der nur informierenden ersten Bemerkung) in das neue Problem, was der Koppelungstheorie gestellt ist, zu vertiefen. Aber damit ist die Wahrung meiner Ansicht, daß Ihre Behandlung die eigentliche Schwierigkeit umgeht, wohl vereinbar. Und bei Ihrer großen und gerechtfertigten Autorität in theoretischen Dingen mußte ich mich ein Bischen meiner Haut wehren!
Treulich
Ihr W. Voigt.