Göttingen, den 6. XI. 13.

Lieber Herr Kollege!

Meine Frau kehrt eben von dem Besuch bei Frau Kurator Höpfner zurück, bei der sie sich nach dem Befinden Ihres Schwiegervaters erkundigt hat. Sie hat erfahren, daß der Kranke im ganzen nicht leidet, nur des Nachts unruhig ist und am Tag kein helles Licht verträgt. Er ist ziemlich viel außer Bett und darf auch kurze Zeit lesen. Die Aerzte deuten die Erscheinungen auf Arterienverkalkung, geben aber eine unmittelbare Gefahr nicht zu. Ich schreibe Ihnen dies, weil Ihnen vielleicht eine Nachricht /2/ auf solchem Umwege willkommen ist.

Ich benutze die Gelegenheit um nochmals meiner (und meiner Frau) herzliche Wünsche für Ihr Ergehen auszudrücken. Es war mir recht leid, Sie weniger lebhaft und tatendurstig zu finden als sonst. Ich glaubte bei Ihnen neben körperlichem Unbehagen gemütliche Verstimmung zu sehen. Vielleicht tut es Ihnen in diesem Zustand wohl zu hören, wie hoch Ihre Fachgenossen Ihre Arbeit schätzen und wie sie Ihre befruchtende Einwirkung auf jüngere Gelehrte achten. Ich darf mich daher mit gutem Gewissen zum Dolmetscher mehrerer machen.

Im übrigen erhoffe ich, daß die Befolgung /3/ der guten Rathschläge meiner Frau - denen ich nach meiner Erfahrung einiges Gewicht beilege - dazu beitragen wird, Sie allmählich wieder in die Höhe zu bringen.

Mit der Bitte um einen Gruß an Ihre gute Frau

Treulich
Ihr W. Voigt.

PS. Unser verehrter und nach experimenteller Seite so hoch begabter Koll. Paschen ist mir in seiner Leichtigkeit, aus theoretischen Darstellungen das ihm Willkommene herauszulesen, doch ein gewisses Wunder. /4/ In seiner neuen Arbeit (Ann. 42, p. 840) schreibt er allen Ernstes, daß bei dem "Ellipsoidmodell" jeder Freiheitsgrad für sich ein Triplet liefert. Ich sah eben die bez. Arbeit an und füge daher die vorstehende heterogene Bemerkung noch bei.

V.