Göttingen, d. 21. Juli 1908

Planckstrasse 15

Lieber Sommerfeld,

Am 12. sind hier noch vorhanden: Hilbert, Schwarzschild, Prandtl, Runge, Wiechert. Klein dagegen verreist ca am 8., Voigt ca. am 6., ich selbst auch möglichst früh. Es wäre sehr schön, wenn Sie hier schon früher als erst am 12. sein könnten. Sollten Sie sich entschliessen können, hier schon am 4. zu sein, so würden wir auf die Tagesordnung der math. Gesellschaft am 4. Aug. eine Elektronendebatte setzen.- Für Ihr Schreiben von Ende April bin ich Ihnen sehr dankbar. Sie waren so liebenswürdig, mir den Zeitpunkt der Antwort anheim zu stellen, sodass es sich als das Gegebene herausstellte, die Antwort zu verschieben, bis ich sie als Erläuterung zu einer weiteren Publikation liefern kann.- Bei der Mannigfaltigkeit, in der man die speziellen Elektronenvorstellungen variieren kann, scheint mir in der Tat zuletzt kein anderer Ausweg zu bleiben, als wie es auch Einstein tat, allgemein anzunehmen, die ponderomotorische Kraft, die das Feld eines Elektrons auf das El. ausübt, ist, wenn die Geschwindigkeit des El. Null ist, direkt proportional der Beschleunigung des El. Auch von der Vorstellung des starren Elektrons aus wird man hierauf hingewiesen. Die wahre gleichförmig beschleunigte Bewegung eines Elektrons liegt vor, wenn x nach der Hyperbelrelation $x^2 - c^2 t^2 = \alpha^2$ sich richtet, wobei für $t = -\infty$ wie für $t = +\infty$ Lichtgeschwindigkeit ist. Bei dieser Annahme sind Ihre Kraftausdrücke mit Leichtigkeit zu integrieren und folgt z.B. bei Oberflächenladung für $t = 0$, wo die Geschwindigkeit Null ist, die Kraft stets direkt proportional der Beschleunigung $\frac{c^2}{\alpha}$.- Ich werde mich sehr freuen, wenn ich Sie hier demnächst begrüssen und Sie in vielen mich interessierenden Einzelheiten konsultieren kann.

Mit herzlichen Grüssen von Haus zu Haus Ihr
H. Minkowski.