Bad Harzburg 3/10 07.
Landhaus Lorenhöhe
Lieber Sommerfeld!
Seien Sie mir nicht böse, dass ich Ihre Geduld so stark habe in Anspruch nehmen müssen. Erst in den letzten Tagen fühle ich mich etwas besser; und wenn auch der Schnee unsere Berge wahrscheinlich bedecken wird, ehe ich der ärztlichen Fürsorge ganz entrinne, so kann ich doch jetzt wieder Spaziergänge machen und arbeiten. Ich sehe aus ihrem letzten Briefe, dass Sie das Buch über die Modulfunktionen zur Hand haben und darf mich demnach gewiss auf dasselbe beziehen:
Der Hauptmodul der Kongruenzgruppe 2. Stufe ist in "Mod." I p. 610 so fixiert: /2/ $\lambda(0) = 0$, $\lambda(1) = 1$, $\lambda(i \infty) = \infty$. Die Funktion $\lambda(\omega)$ bildet das Dreieck: [Skizze] ab auf die Halbebene:
[Skizze]
-
Weiter wird vermöge der Funktion $\lambda = \sin \frac{i \zeta}{2}$ die Halbebene:
[Skizze]
/3/ abgebildet auf den Halbstreifen
[Skizze]
Also Berührung zwischen $\omega$ und $\zeta$:
\begin{equation*} \sin^2 \frac{\pi \zeta}{2} = \lambda(\omega) \end{equation}
\trennlinie
Analytische Darstellung von $\lambda(\omega)$ nach "Mod." II p. 29 u.f.:
\begin{equation*} \lambda(\omega) = -\(\frac{6_{10}}{6_{01}}\)^4 = - \(\frac{\vartheta_0}{\vartheta_2}\)^4. \end{equation}
Also:
\begin{eqnarray*}
\sin^2 \frac{\pi \zeta}{2} = - \(\frac{\vartheta_0}{\vartheta_2}\)^4
\sin \frac{\pi \zeta}{2} = \frac{e^{\frac{\pi i \zeta}{2}} -
e^{\frac{- \pi i \zeta}{2}}}{\pi i} = \pm i \frac{\vartheta_0^2}{\vartheta_2^2}
\end{eqnarray*}
Bestimmung des Vorzeichens durch Annäherung an $\omega = i \infty$ längs der imaginären Axe: Es findet sich:
/4/ \begin{eqnarray*} e^{\frac{\pi i \zeta}{2}} - e^{\frac{- \pi i \zeta} = - 2 \frac{\vartheta_0^2}{\vartheta_2^2}. \end{eqnarray*}
Quadrieren und 4 addieren:
\begin{eqnarray*}
e^{\pi i \zeta} + e^{- \pi i \zeta} + 4 = 4 \(1 +
\frac{\vartheta_0^4}{\vartheta_2^4}\) = 4
\frac{\vartheta_3^4}{\vartheta_2^4}
e^{\frac{\pi i \zeta}{2}} + e^{- \frac{\pi i \zeta}{2}} = \pm 2
\frac{\vartheta_3^2}{\vartheta_2^2}.
\end{eqnarray*}
Vorzeichenbestimmung wie oben:
\begin{eqnarray*} e^{\frac{\pi i \zeta}{2}} + e^{\frac{- \pi i \zeta}{2}} = 2 \frac{\vartheta_3^2}{\vartheta_2^2} \end{eqnarray*}
-
Also:
\begin{eqnarray*} e^{\frac{\pi i \zeta}{2}} = \frac{\vartheta_3^2 - \vartheta^2}{\vartheta_2^2}. \end{eqnarray*}
Es bedeute q die Jacobische Entwicklungsgrösse $q = e^{\pi i \omega}$. Nach der Landenschen Transformation ist:
\begin{eqnarray*} \frac{\vartheta_3^2 - \vartheta^2}{\vartheta_2^2} = \frac{\vartheta_2^2}{\vartheta_3^2 + \vatheta_0^2} = \frac{\vartheta_2(q^2)}{\vartheta_3(q^2)}. \end{eqnarray*} (ich habe hierfür im Augenblick nur das Zitat auf meine "kurzgefassten Vorles." p. 264 zur Hand).
/5/ Also
[Formel]
Nun gilt:
[Formel]
Also:
[Formel]
Hieraus ergeben sich folgende Anfangsglieder:
/6/ [Formeln]
Hoffentlich können Sie diese Formel brauchen. Die Aufstellung derselben war übrigens eine ganz leichte Arbeit und ein besonderes Zitat wirklich nicht der Mühe wert.
In alter Freundschaft
grüsst Sie
Ihr R. Fricke.