Bad Harzburg 10/10 07.
Lieber Sommerfeld!
Bei Rückkehr von einer sehr traurigen Reise (nach Halle zur Familie meines Mitte September verstorbenen Freundes L. Busse, der mit Ebbinghaus an der dortigen Universität die Philosophie vertrat) finde ich Ihre freundlichen Zeilen vom 5. d.M., für welche ich nochmals danke. Ihr Vorschlag ist sehr liebenswürdig und es wäre für mich eine große Ehre, zusammen mit Ihnen eine Annalenarbeit zu schreiben. Aber, lieber Sommerfeld, mein Beitrag ist wirklich zu gering, als dass ich dies beanspruchen dürfte. Selbstverständlich stelle ich Ihnen /2/ indes sehr gern in abgeglätteter Form zusammen, was vom Standpunkt der automorphen bezw. Modulfunktionen zu sagen ist. Für die Einflechtung in Ihre Arbeit werden Sie schon die richtige Form treffen. Das Schöne an der Sache ist jedenfalls das Eingreifen der automorphen Funktionen in ein physikalisches Problem und dieser Hauptgesichtspunkt macht auch für mich den Wunsch sehr lebhaft, dass Sie die Sache publizieren möchten. Ich denke es mir dabei Ihrem Plane entgegen als zweckmässig, an das allgemeine Problem, welches auf [Skizze] führt anzuknüpfen, weil hier die allgemeineren automor/3/phen F. zur Geltung kommen. Leider ist hier, wie Sie sehr richtig vermuten, sehr wenig Aussicht auf genauere analytische Durchführung (worüber ich noch weitere Ausführungen nachliefern will). Um so schöner wird dann die Entwicklung im Falle [Skizze], wo wir bis zur Potenzreihe nach q gelangen, wie immer in diesen Gebieten, dank der $\vartheta$-Reihen, die zu den gewaltigsten Hilfsmitteln gehören, welche wir besitzen.
Mit dem Gliede $2 \cdot \log{} 2$?] hat es doch seine Richtigkeit. Ich habe zufällig soch ein Exemplar von Burkhardt, Aufl 2. hier. S. 116 liefert: \begin{equation*} \frac{\vartheta_2 (q )}{\vartheta_3 (q )} = i \frac{\sqrt[4]{l_2 - l_3}{\sqrt[4]{l_1 - l_3} (\textrm{für 2} \omega_1, \omega_2). \end{equation*} /4/ Hieraus folgt nach S. 86. [Formel] In der 2. Formel (23) steht rechts unter $\sqrt$ 2 im Zähler, unter 3. aber im Nenner. Sehr schön ist Ihre Bemerkung der $\vartheta$-produkte zur Aufstellung des arithmetischen Gesetzes der Reihenkoeffizienten. Wenn ich nicht sehr irre, ist dasselbe auch sonst schon hervorgetreten. Sollten Sie Riemanns Werke zur Hand haben (ich habe leider kein Exemplar hier), so bitte ich das von Dedekind bearbeitete Fragment über die Theorie der elliptischen Modulfunktionen nachzusehen. Sobald ich demnächst in die Winterquartiere zurückgekehrt bin, freue ich mich darauf, die Entwicklung nochmals mit ausgedehnterer Literatur durcharbeiten zu können.
Schöne Grüsse
Ihres R. Fricke