Braunschweig 11/1 08.

Lieber Sommerfeld!

Bei Rückkehr von Harzburg, wo ich mich einige Zeit erholt habe*, finde ich Ihre reiche Post und spreche Ihnen für dieselbe meinen herzlichsten Dank aus. Natürlich habe ich mit ganz besonderer Freude den "Fall eines sehr schnellen Wechselstromes" durchgesehen. Auch Ihr "beigelegter" Zank mit Lindemann /2/ hat mich, soweit ich eindringen konnte, sehr interessiert**.

Sehr schön wäre in der That, wenn auch der Fall: [Skizze] sich analytisch als zugänglich erweisen würde. Aber Sie haben sehr recht, wenn Sie sagen, dass da eben der "Zauberstab" der $\theta$-Funktionen fehlt. Alle diese Surrogate, welche im Bde 2 der automorphen Funktionen Absch. I Kap. 3 u. 4 entwickelt sind, haben ja zwar für allgemeine funktio/3/nentheoretische Schlüsse den grössten Wert, würden aber für praktische numerische Zwecke äusserst schwerfällig arbeiten. Sie liefern Näherungsdarstellungen, die durch eine "endliche Anzahl von Schritten" herstellbar sind. Was Sie haben müssten, wäre die Entwicklung (12) Seite 151 oben gen. Buches, d.h. Umsetzung der zuvor berechneten Poincare'schen Reihe nach Potenzen von t, d.i. für Sie $q^2$.

Vielleicht sollte man solche Potenzreihen mit einer gewünschten Anzahl von Anfangsgliedern direkt ansetzen u. eine gleiche Anzahl (oder einige mehr) aequivalente Werte q numerisch berechnen, um aus der In- bezw. Covarianz der Potenzreihe rückwärts die Koef/4/fizienten der Reihe zu gewinnen. Jedoch, wer will es wagen, den Stier bei den Hörnern zu ergreifen?

Indem ich Ihnen und den Ihrigen nachträglich alles Gute für 1908 wünsche bin ich in alter Freundschaft

Ihr R. Fricke

*Ich hatte im Dezember einen unangenehmen Rückfall u. werde kaum vor Frühling wieder ganz hergestellt sein. Die Sache mit dem Weihnachts"ohr"atorium hatte also leider ihre Richtigkeit.

**Die "Beilegung" ist doch immer das Schönste an einem Zank. Hat denn L. wirklich auch beigelegt? D.h. die Waffen gestreckt?