Weilheim-Ob./B 2. Jan. 18.
Lieber Herr College!
Pauer's Arbeit habe ich angesehen; ich werde mich Ihrem Urtheil anschliessen. Mehr zu thun kann und wird man wohl nicht verlangen; die Arbeit ist mir zu mathematisch.
In der Institutsfrage habe ich ausführlich mit Winterstein verhandelt und glaube das Nöthige dabei erreicht zu haben.
Ueber piezoelektrische und elastische Constantenbestimmungen von Zinkblende würde ich zunächst Voigt's großes Buch zu Rathe ziehen; leider habe ich das hier nicht zur Hand. Es ist mir nicht erinnerlich, daß in späterer Zeit etwas darüber veröffentlicht wurde: allein, ich kann mich auf mein Gedächtnis - auch leider - nicht mehr verlassen. Neues kann ich fast gar nicht mehr behalten, und das früher Erworbene schwindet mehr und mehr. Solche Wahrnehmungen /2/ sind sehr wenig erfreulich; aber was soll man anderes thun als Resignation zu üben?
Ich habe täglich nur wenig Zeit verwenden können, um meine Versuche der letzten Zeit etwas zusammenzustellen und zu beschreiben; die häuslichen und anderen Verhältnisse gestatten mir kaum etwas Zeit zum ruhigen Nachdenken. Die vergangenen Feiertage waren durch das wenig gute Befinden meiner armen Frau recht getrübt.
Vor dem 9. werden wir wohl nicht nach München zurückkehren; die hier etwas leichtere Verpflegung und namentlich die günstigen Heizungsverhältnisse veranlassen mich, so lange wie möglich hier auszuhalten.
Viel Gutes wünsche ich Ihnen für das neue Jahr!
Ihr ergebener
W.C. Röntgen.