Zürich \frac{1}{IV} 1912
Hochgeehrter Herr Kollege!
Nachdem mein lieber Kollege Debye, der unsere Freude u[nd] unser Stolz geworden, sich entschlossen hat, dem Ruf ins Vaterland zu folgen, gelange ich wiederum an Sie mit der Bitte um Rathschläge in der Angelegenheit der Besetzung der Professur für theoretische Physik u[nd] zwar handelt es sich wieder um Berufung wenn möglich schon auf das kommende Semester. (Ende dieser Woche sollte die entscheidende Facultätssitzung sein.)
Wir denken an Laue, ich wäre Ihnen aber sehr verbunden, wenn Sie sich allgemein u. rückhaltlos über die Angelegenheit aussprechen wollten, z.B. auch darüber, ob Sie es gerechtfertigt finden, wenn jetzt der hiesige Privatdocent Dr. Greinacher übergangen wird, gegen /2/ dessen Auffassung des Entscheides ich durch objective Voten seitens der Oberbehörde gerechtfertigt sein möchte.
Betreffend Laue wäre uns natürlich sehr erwünscht, etwas zu erfahren über seine Qualitäten als Docent, ferner über seine persönlichen Eigenschaften, u[nd] ev. über die Aussichten, daß er einem Ruf nach Zürich folgen könnte u[nd] möchte.
Die Angelegenheit ist für uns um so wichtiger, als wir seit Jahren im benachbarten Gebiet der Mathematik keine stabilen u[nd] geordneten Zustände haben herstellen können; einen Ausgleich wie durch Debye wagen wir freilich fast nicht zu erhoffen.
Mit dem Wunsch, daß Sie mir die Beunruhigung in Ihren Ferien verzeihen mögen u[nd] mit bestem Dank zum Voraus wünsche ich Ihnen [?] Ferienaufenthalt u[nd] grüße Sie ergebenst
A. Kleiner.