Giessen,

Nahrungsberg 8,

10. 2. 11.

Sehr geehrter Herr Professor!

Ich danke Ihnen bestens für die Übersendung der Korrekturbogen Ihrer mich sehr interessierenden Arbeit, und ich möchte nur noch einige Bemerkungen zu den Ausführungen auf S. 29 machen. Es muss da auf Zeile 5 von oben heissen: Ra E statt Ra C. In der letzten Anm. auf der gleichen Seite sind die Versuche von v. Baeyer und Hahn insofern nicht ganz richtig wiedergegeben, da sich ihre Resultate eigentlich nur auf Thoriumprodukte beziehen. Ich hatte darüber schon in meinem ersten Briefe an Sie (vom Anf. Dez. vor. Jahres) berichtet, möchte aber, damit keine Missverständnisse vorkommen, meinen Standpunkt über die Frage der Homogenität der Betastrahlen noch einmal kurz zusammenfassen.

"Ob die Betastrahlen von Ra E und Ur A homogen sind, also im Moment ihrer Entstehung sämtlich gleiche Geschwindigkeit haben, ist aus den bisher vorliegenden Versuchen nicht mit Sicherheit zu entscheiden. v. Baeyer und Hahn /Physi. ZS. 11, 438, 1910./ erhalten z.B. bei magnetische[n] Ablenkungsversuchen der Thoriumstrahlen auf der photographischen Platte eine Art magnetisches Linienspektrum und erklären das durch die Homogenität der von den einzelnen Thoriumprodukten ausgesandten Betastrahlen. Dagegen konnte Gray /Proc. Roy. Soc./A/4/84, S. 136-141, 1910; Beibl. 35. S. 1[?]5/ bei Versuchen ähnlicher Art mit Betastrahlen von Ra E, die ganz sicher nach einem Exponentialgesetz absorbiert werden, nur ein breites abgelenktes Band erhalten; auch v. Baeyer und Hahn /l.c./ bekommen bei Ra X-Versuchen auf der photographischen Platte "einen einzigen allerdings nicht sehr scharfen Streifen." Bei Ablenkungsversuchen der Ur A-Strahlen, mit deren Durchführung ich augenblicklich beschäftigt bin, bekomme ich eben/2/falls auf der photographischen Platte ein ziemlich breites Band, das zwar auf der Seite der unabgelenkten Strahlen scharf zu sein scheint und mir anfänglich mit den bei schwachen Präparaten hergestellten Aufnahmen auf den etwas verschleierten Platten ein schmales Band vortäuschte.- Alle diese Versuche beweisen nur, dass das auf die Platte fallende Betastrahlenbündel nicht homogen ist, sie sagen aber über die ursprüngliche Beschaffenheit des Bündels nichts aus. Denn wenn die Betastrahlen, die nach einem Exponentialgesetz absorbiert werden, im Moment ihrer Entstehung wirklich keine Geschwindigkeit haben, so werden sie doch beim Durchgang durch das Präparat selbst oder durch Reflexion an der zur Unterlage dienenden Materials einen Geschwindigkeitsverlust erleiden.

Der von mir festgestellte Wert der Geschwindigkeit der Ur A- und Ra E-Strahlen entspricht jeweils derjenigen Strahlengruppe des Gesamtbündels, das die grösste Intensität besitzt. Es ist deshalb anzunehmen, dass die Anfangsgeschwindigkeit des - vielleicht homogenen -