München, den 22. Sept. 1916.
Sehr geehrter Herr College!
Anbei ausser dem gewünschten Sonderabdruck eine Annalen-Correktur.
Dieser III. Teil meiner Darstellung erscheint im übernächsten Heft,
der I. und II. muss dieser Tage im nächsten Heft herauskommen. Sie
werden jedenfalls gern Gelegenheit nehmen, in einer ev. Nachschrift zu
Ihrer Arbeit in der Phys. Ztschr. zu meiner Annalen-Darstellung
Stellung zu nehmen. Unsere Resultate
scheinen sich ganz wesentlich zu decken:
1) Auch ich stütze mich fast ausschließlich auf Messungen von
Siegbahn u. Genossen
2) Die geschlossene Formel finden Sie pag. 53 des
Correkturenbogens II. Meine Bezeichnung $\alpha$ habe ich abgeändert
in $\alpha = \frac{2 \pi e^2}{hc} = \frac{p_0}{p_1} \qquad \left\{
\begin{array}{lcc} p_0 & = &
p_1 & = & \frac{h}{2 \pi } = 1tes
{\rm Bohr'sches Moment} & &
\end{array} \right. $
3) Dass das Combinationsprincip nicht exakt richtig ist
(der Kossel'sche Additionssatz, wie Sie sagen) habe ich in Paragraph 7
und 8 betont. Es ist mir kürzlich auch gelungen, Hn. Kossel davon zu
überzeugen.
4) Die Wagner'schen Spektren glaube ich in Paragraph 8 befriedigend
erklärt zu haben.
5) Die magnetische Wirkung des bewegten Kernes zu berücksichtigen, ist
mir nicht gelungen; ich denke sie kann nur ausnahmsweise (vgl. II
p. 50) etwas ausmachen. Oder wollen sie dem Kern /2/ Magnetonen
beigeben? Das ließe sich machen, doch sehe ich keine Nötigung dazu.
6) Leider verstehe ich den letzten Passus Ihres Briefes nicht ganz
("Nebenlinien bei Verlust von mehreren Elektronen").
7) Die Genauigkeit der ganzen Theorie folgt am besten an Paschen's Messungen
im letzten Annalen-Heft: Ich bin überzeugt, dass die Bahnenergie genau
stimmt. Dem Bohr'schen $h \nu$-Ansatz vertraue ich augenblicklich mehr
als bei der Abfassung der Abhandlung.
Auf Ihre Arbeit bin ich sehr gespannt. Wenn Sie mir die Revision derselben zuschicken lassen wollen, wird es mir lieb sein. Vielen Dank für Ihr freundliches Interesse an meiner Theorie!
Hochachtungsvollst grüssend
A. Sommerfeld.