München, den 24. Januar 1911
An Se. Excellenz den Herrn Premier Minister Eleutherios Benizelos
Betreff: Empfehlung von Dr. D. Hondros für eine Universitätsprofessur in Physik
Beilagen: Eine französische Übersetzung.
Gestatten Euer Excellenz ein Wort der Fürsprache für meinen Schüler und Freund Dr. D. Hondros. Wie ich //von Prof. Miliarakis// höre, werden demnächst in Athen die beiden Professuren für Physik zu besetzen sein. Dr. Hondros ist ein so bescheidener und zurückhaltender Mensch, dass er wie ich fürchte seine Qualification für eine Stelle als Universitätslehrer nicht mit dem nötigen Nachdruck vertreten wird. Und doch bin ich überzeugt, dass es in Griechenland keinen zweiten Physiker geben wird, der so sehr auf der Höhe der Wissenschaft stehen dürfte wie er.
/2/ Ich kenne und schätze Hn. Dr. Hondros von seinem Aufenthalt in Deutschland 1907-1909. Er hat bei mir eine Doctorarbeit aus der modernen Elektrodynamik verfasst, über die er auf dem Naturforschertage in Salzburg vorgetragen hat. Arbeit und Vortrag haben bei meinen Collegen das grösste Interesse erregt. In meinem Institute wird daran gearbeitet, die von Dr. Hondros und Dr. Debye theoretisch vorausgesagten Wellen experimentell nachzuweisen. Die Arbeit von Hondros und die anschliessende Note von Hondros und Debye sind in den Annalen der Physik erschienen. Durch einen regen und freundschaftlichen Verkehr mit Dr. Hondros bin ich davon überzeugt worden, dass er über alle Fragen der modernen Wissenschaft auf's Gründlichste unterrichtet ist.
Ich würde gern bereit sein, falls das griechische Ministerium es wünscht, eine genauere Analyse seiner wissenschaftlichen Leistungen und Talente zu geben. Auch ist mein berühmter College Röntgen, der Hn. Dr. Hondros im Doctorexamen geprüft hat, bereit, auf Wunsch des Ministeriums ein Gutachten über ihn auszustellen.
Ich füge hinzu, dass Herr Dr. Hondros von meinem Schritt bei Euer Excellenz nichts /3/ ahnt und dass er die Freiheit, die ich mir nehme, vielleicht nicht billigen würde. Wollen Sie, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, diese Freiheit entschuldigen mit dem warmen Interesse für einen hoffnungsvollen //Freund// Schüler und mit dem Wunsche, unsere gemeinsame Wissenschaft an derjenigen Stätte würdig vertreten zu sehn, die einst die Mutter aller Wissenschaften war.
In grösster Hochachtung
Dr. A. Sommerfeld,
Professor der mathematischen Physik
an der Universität München.