München, den 15. Mai 1924.
Herrn Professor Bergen Davis
Columbia-University.
Lieber Herr Kollege!
Haben Sie vielen Dank für Ihren freundlichen Brief, Ihren Sonderdruck und vor Allem für Ihre höchst interessanten Mitteilungen über den Compton[-]Effekt. Die Frage interessiert uns natürlich auf's Aeusserste, ich kann mir schwer denken, dass Compton Unrecht hat, nachdem z.B. die Abhängigkeit des von der Richtung sich so wunderschön im Einklang mit der Theorie ergeben hat. Andererseits ist der stetige Uebergang in den Zahlen Ihres Briefes zweifellos. Die kontinuierliche Abnahme des mit wachsendem Atomgewicht kann man vielleicht durch Annahme einer geeigneten Bindung des Elektrons erklären. Aber das für Lithium, dass noch etwas über den quantentheoretischen Wert steigen soll, ist ganz unverständlich. Wenn eine Abhängigkeit vom Atomgewicht und der Bindungsstärke der Elektronen vorhanden ist, sollte sie eigentlich bewirken, dass man bei den schwereren Atomen verschiedene für die Elektronen von verschieden starker Bindung erhält. Davon ist offenbar weder bei Ihnen noch bei Ross etwas zu bemerken. Es war mir unbekannt, dass Ross mit mehreren streuenden Körpern gearbeitet und Unabhängigkeit vom Material photographisch festgestellt hat.
Da ich in der Neuauflage meines Buches den Compton-Effekt ziemlich stark hervorhebe, wäre es mir schmerzlich, wenn er schliesslich doch nicht reell wäre. Die neue Theorie von Bohr und Kramers im Phil. Mag. gefällt mir nicht sehr, ich glaube sie wird das Schicksal aller Kompromisse teilen. Mir scheint die Frage "Lichtquanten oder Wellen" heute noch ebenso dunkel, wie im vorigen Jahre, als ich in Columbia darüber vortrug und Sie so freundlich waren mir mit Interesse zuzuhören.