München, den 11. August 1928.

Mein lieber Herr Kollege!

Seien Sie überzeugt, dass ich die gute Meinung Ihres liebenswürdigen Briefes vom 7. August vollkommen zu schätzen weiss, aber gestatten Sie mir, dass ich mich frei äussere, in einer Weise, die für den Conseil de Recherches nicht gerade schmeichelhaft ist. Die alte internationale Association der Akademie[n] hat positive Arbeit geleistet, der aus dem politischen Hass geborene Conseil kostet viel Geld und hat, soviel ich weiss, bisher keine Leistungen aufzuweisen. Seine Organisation ist von Anfang an verfehlt und verrät die böse Meinung seines Ursprungs. Marokko, Aegypten, Tunis mit selbständigen Vertretungen! Man nennt das Demokratie, in Wirklichkeit bezweckt es nichts anderes, als die Unterstützung törichter französischer Ansprüche. Das Beste wäre den Conseil einschlafen zu lassen und die internationale Association der Akademien wieder zu beleben.

Aber in der Politik geschieht ja meistens nicht das was vernünftig ist, sondern das was im Augenblick möglich ist. Vielleicht wird sich Deutschland aus internationaler Höflichkeit gezwungen sehen dem Conseil beizutreten. Vorbedingung ist, dass die albernen Beleidigungen der deutschen Wissenschaft, die in den ursprünglichen Statuten standen, nicht nur beseitigt, sondern auch offiziell bedauert werden.

Ich schreibe dies in großer Eile kurz vor meiner Abreise und nur in meinem Namen. Ich glaube aber, dass viele meiner Kollegen ebenso denken, wie ich. Dass der jetzige Zustand geändert werden muss, ist /2/ jedem klar. Ich persönlich wünsche besonders, dass diese Aenderung im freundlichem Geiste und gegenseitigem Vertrauen geschehen möge, aber der Conseil de Recherches scheint mir nach seiner ganzen Vorgeschichte kein geeignetes Mittel dazu zu bieten, so sehr ich Ihre Teilnahme an der Kommission und die vieler anderer Kollegen zu schätzen weiss.

Mit freundschaftlichen Grüssen
stets Ihr [Arnold Sommerfeld]