München, den 7. Februar 1924.

Lieber Professor Millikan.

Die Nachricht von der Verleihung des Nobelpreises an den Erforscher der Elektronenladung hat mich sehr gefreut. Ihre konsequente Arbeit findet so auch äusserlich eine weithin sichtbare Anerkennung. Es muss ja vielerlei zusammenkommen um so eine ausgedehnte wissenschaftliche Arbeit zu ermöglichen, wie die Ihrige. Die Gaben des Geistes genügen nicht, es müssen auch die Eigenschaften des Charakters dazukommen, die unermüdliche Schaffenlust, die Fähigkeit zur wissenschaftlichen Organisation, sowie Menschenfreundlichkeit und psychologisches Verständnis im Umgang mit Schülern und Mitarbeitern. Da ich das Glück hatte im vorigen Jahre Ihre Tätigkeit in Pasadena kennenzulernen, kann ich beurteilen in wie hohem Masse Ihnen gerade diese Charaktereigenschaften gegeben sind.

Wird auch der nächste Nobelpreis nach Amerika kommen? Die ausserordentliche Bedeutung der Compton'schen Entdeckung, über die ich schon im vorigen Jahre keine Zweifel hatte und die sich inzwischen immer deutlicher gezeigt hat, würde dies rechtfertigen.

Wollen Sie bitte meine besten Empfehlungen und Glückwünsche an Mrs. Millikan bestellen und sagen Sie bitte freundliche Grüsse an Epstein und Ihre anderen Mitarbeiter, die mich so freundlich aufgenommen haben.

Ihr ergebenster
[Arnold Sommerfeld]