München, den 10. IX. 40.
Lieber Gerlach!
Vor meiner Abreise von Berlin habe ich Dames antelephoniert, um ihm verabredungsgemäss über das Resultat meiner Unterredung mit dem Rektor zu berichten. Ich sagte ihm also, dass der Rektor von sich aus nichts tun werde. Dames meinte, er müsste irgend einen Anstoss von München her haben, um eine Rückfrage an die Universität über Müller richten zu können. Ich sagte ihm, dass Sie an den Dekan einen Protest wegen der Müllerschen Vorlesungen gerichtet hätten, der ihm ev. zugehen würde. Dabei kam nebenbei zur Sprache, dass ich mich als entpflichtetes Mitglied der Universität natürlich auch an das Ministerium wenden könne, dass es aber wirkungsvoller sein würde, wenn Sie es im Interesse des Unterrichtes täten. Von der geplanten Eingabe der Berufungskommission habe ich ihm natürlich nichts gesagt. Heute hatte ich Gelegenheit mit Wieland über die Sache zu sprechen. Er war ebenso wie ich der Meinung, dass Sie nachdem Sie unsere Eingabe nicht unterschreiben wollten, nunmehr Ihrerseits dafür sorgen müssten, dass Ihr Protest über den Rektor an das Ministerium käme. Auf diese Weise haben Sie leider etwas Mühe von der Sache, die ich Ihnen gern durch meine Eingabe erspart hätte. Wenn Sie also einmal etwas Musse haben, werden Sie nicht umhin können, an den Dekan zu schreiben (der von sich aus natürlich nichts tun wird) und diesen aufzufordern, Ihr Schreiben über das Rektorat an das Ministerium weiterzuleiten.
[A. Sommerfeld]