München, den 25. Oktober 1938.
Lieber Brillouin!
Zu meinem aufrichtigen Bedauern werde ich die "semaine contre le cancer" nicht besuchen können. Das Berliner Ministerium scheint gegen den Sekretär, Herrn Dr. Tomarkin, Einwände durch die Deutsche Botschaft erhoben zu haben und will keine Devisen für den Besuch der Versammlung hergeben.
Ich empfehle Ihnen statt meiner Herrn B. van der Pol in Eindhoven einzuladen, der kürzlich eine vorzügliche Arbeit über die Ausbreitung der Radiowellen an der Erdoberfläche geschrieben hat. In einer vorläufigen Korrespondenz, die ich mit ihm über den Gegenstand des von mir gewünschten Vortrags hatte, zeigte sich, dass wir ganz gleicher Meinung sind. Ich lege meinen Brief an Herrn Tomarkin in Abschrift bei. Ich habe ihn gebeten, sich mit Ihnen über den Ersatz für meinen Vortrag in Verbindung zu setzen.
Um ja nicht unhöflich zu scheinen, will ich noch Folgendes zu Ihrer Information hinzufügen. Wenn ich auch nicht persönlich nach Paris kommen kann, könnte ich vielleicht für die Publikationen des Kongresses einen Beitrag über das von mir gewünschte Thema: La propagation des ondes hertziennes sur la surface de la terre liefern. Aber Sie verstehen, dass ich es lieber nicht täte und die Arbeit z.B. Herrn Van der Pol überliesse. Ich hätte den Auftrag gern übernommen, wenn er mir einen Besuch von Paris und ein Wiedersehen mit meinen französischen Freunden verschafft hätte. Da das aber nicht möglich ist, möchte ich lieber meine Zeit auf die Beendigung meines Buches verwenden, das Ihnen am Anfang nächsten Jahres zugehen wird. Reden Sie also lieber Herrn Tomarkin zu, einen Ersatz für mich zu wählen, als von mir eine schriftliche Abhandlung über das gestellte Thema zu verlangen.
Ich freue mich, dass Sie F. London eine Stelle an Ihrem Institut gegeben haben. Die Arbeit meines Schülers Welker über die Vervollständigung der London'schen Theorie der Supraleiter haben Sie inzwischen wohl erhalten.
Mit freundlichen Grüssen
stets Ihr [A. Sommerfeld]