München, Leopoldstr. 87.

5. XII. 15.

Lieber Wien!

Auf die Geographie-Frage kann ich Ihnen sogleich antworten. Oberhummer war Mitglied der I. Sektion. Es lag so, dass beide Sektionen die Geographie nicht recht wollten. In Verhandlungen mit der I. Sektion, gemeinsamen Fakultäts-Sitzungen, übernahm die II. Sektion die Geographie. Die Regirung wurde erfreulicher Weise nicht damit befasst. Übrigens war Oberhummer Extraordinarius. Sie sollten sich auf das Münchener Vorbild berufen, die Regirung nicht befragen, und erst unter sich einig werden.

Die Angelegenheit mit Hildebrand ist bereinigt. Ich war bei ihm; unter Mitwirkung der Gattin - er wusste überhaupt nicht, was eine Bank oder ein Kurs ist - wurde verabredet, 13500M in baar zu zahlen, die vorhanden sind, und 1500M nach Friedensschluß, welche Müller sich stark macht, mit leichter Mühe von einigen medicinischen Gesellschaften einzutreiben. Röntgen weiss von dieser Nachzahlung natürlich nichts.

Die Büste kommt in die Glyptothek. Röntgen hat nichts dagegen, wenn nach seinem Tode Abgüsse gemacht werden, für welche Hildebrand einen Gypsabguß aufhebt. Die Akademie und die Universität wünschen solche Abgüße zu haben. Kostenpunkt in Bronze 500M, in der Hildebrand'schen Giesserei zu bestellen. Auch das Institut könnte einen Abguß haben.

Dank für die Mitteilung an Wagner und Epstein. Seeman /2/ wird jedenfalls seine neueren Erfahrungen publiciren. Epstein soll Ihnen schreiben, wenn er etwas weiss.

Gestern habe ich in der Akademie über die Balmer-Serie eine Arbeit vorgelegt. Ich sprach Ihnen schon neulich in Würzburg von den gequantelten Ellipsenbahnen; ich habe die Sache inzwischen weitergeführt. Mit der Dispersion bin ich noch immer nicht ganz fertig, habe aber sehr viel Material darüber. Ich lese Colleg darüber!

Ich habe Hildebrand gesagt, dass Sie mir seinen Brief zugeschickt haben. Nötig ist es also nicht, dass Sie an ihn schreiben.

Die Kriegslage scheint mir jetzt den kühneren Hoffnungen recht zu geben, nicht auf baldiges Ende aber auf gründlichen Sieg.

Beste Grüße! Ihr A. Sommerfeld.